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5. August 2023

Hofmusik mit Caecilia und ihren Verwandten 

Der Engel, der am Ende von Alban Bergs Violinkonzert so ätherisch in lichte Höhen zu entfleuchen scheint – dieser Engel mag in seiner irdischen Existenz genau so getanzt haben, wie es Andris Nelsons am Pult der Wiener Philharmoniker am Beispiel von Gustav Mahlers Vierter Symphonie ahnen haben lassen. Was für eine Werkpaarung. „Dem Andenken eines Engels“ steht über Alban Bergs Violinkonzert, und die zu genießenden „himmlischen Freuden“ sind in Gustav Mahlers exemplarischster Wunderhorn-Symphonie ausgemalt. Es fänden sich auch manch andere Anknüpfungspunkte. Der witzigste: Nach der Uraufführung von Mahlers Vierter Symphonie hat der vom Werk und seinem Schöpfer begeisterte junge Alban Berg Mahlers Dirigierstab geklaut, als Devotionalie. Viel wesentlicher: Wie Mahler in der „Vierten“ ein letztes Mal sein Wunderhorn voll volkstümlicher Melodien in die große Symphonik ausgegossen hat, so hat Alban Berg seinen Konzert-Schwanengesang auch auf eine eingängige Kärntner Volksweise aufgesetzt. Gerade so, als ob er, Zwölftönigkeit hin oder her, ein letztes Mal vor seinem Tod die Zuhörer mit der Nase auf die ungebrochene Wirkkraft der Tradition habe stoßen wollen.

Diese Volksweisen, die das Berg-Violinkonzert wie Mahlers „Vierte“ durchziehen, sind nirgendwo besser aufgehoben als bei den Wiener Philharmonikern. Andris Nelsons, ein großer Analytiker und zugleich einer, der das Sezieren im Handumdrehen in süffiges Musizieren zu wenden weiß, hat die Empathie für die hoch authentischen Angebote des Orchesters. Und so war es am Samstag (5.8.) zur Mittagsstunde mehr als erhellend, hineinzuhören ins orchstrale Panorama. Wie unglaublich melancholisch und doch trittfest beharrend kann der kurze Tenorhorn-Einwurf gegen Ende der ersten Abteilung im Violinkonzert klingen. Und wie mitbeteiligt können all die Holzbläser die folkloristischen Anverwandlungen des Themas aufgreifen, so als wären sie samt und sonders in Blasmusikkapellen oder Volksmusikensembles groß geworden. In dieser Matinee schienen die Philharmoniker also Lederhosen und Dirndl zu tragen. Das Wort „Krachlederne“ wäre einem bei Berg trotzdem nicht dazu eingefallen und dann bei Mahler auch nicht. Die so wundersam stimmigen Volksmusik-Partikel, die auch der amerikanische Geiger Augustin Hadelich mit viel Charisma aufzugreifen und weiterzuentwickeln wusste, waren feinsinnig verwoben. Einfach umwerfend die Balance, exemplarisch nicht nur zwischen Solovioline und Klarinetten, einer in dem Werk so oft wiederkehrende Klangfabenpaarung.

Augustin Hadelich schien stets mit allen Sinnen beim Orchester. Er verströmte die zarten Lieblichkeiten, wie sie seine Guarneri hergibt, nie als Zuckerguss, sondern immer konstruktiv amalgamierend zu den streichenden und blasenden Kolleginnen und Kollegen. So geht’s wirklich direkt in den Himmel. Das ist ja auch die Richtung in der „Vierten“ von Mahler. Sagenhaft leicht und tändelnd im Eröffnungssatz und im Scherzo, wie auf Zehenspitzen über den Tanzboden schwebend und doch noch geerdet. Viele Feinheiten hat man heraushören können in Satz und Instrumentation. Den „ruhevoll“ überschriebenen langsamen Satz hat Andris Nelsons dann aber betont langsam genommen, wie um später die Sopranistin Susanne Karg und das Orchester die himmlischen Freuden noch pointierter herausstellen zu lassen „Caecilia mit ihre Verwandten / sind treffliche Hofmusikanten“, heißt es ja so schön im Wunderhorn-Text. Dem war an diesem Vormittag absolut nichts hinzuzufügen.

Individuell und trotzdem ein Ganzes

Zwei der beliebtesten Kammermusikwerke hatten die lettische Geigerin Baiba Skride und ihre Mitmusizierenden aufs Programm gesetzt: Antonín Dvoraks „Amerikanisches Quartett“ op. 96 und das große Oktett von Schubert mit seinem 

phantasievollen Miteinander von Streichern und Bläsern. 

Mit der niederländischen Cellistin Harriet Krijgh hat man Skride schon in einem reinen sehr harmonischen Damenquartett gehört. Der Italiener Hans Liviabella und der australische Bratschist Ivan Vukcevic, beide zum ersten Mal bei der Schubertiade, doch durch gemeinsame Konzerte mit den beiden Damen verbunden, brachten sich mit intensivem Spiel ein. Das Werk entstand während der Zeit in Amerika, als Dvorak als Direktor des New Yorker Konservatoriums wirkte und die Sommerferien in Spillville/Iowa inmitten böhmischer Landsleute verbrachte. Dadurch sind die „amerikanischen“ und die „böhmischen“ Einflüsse nicht so leicht voneinander zu trennen.

Zauber

Angeregt vom starken Eröffnungsmotiv der Bratsche führte das Zusammenspiel im ersten Satz zu fast orchestralen Aufschwüngen (nicht ohne Grund wird das F-Dur-Werk mit seiner Naturnähe als die „Pastorale“ von Dvorak bezeichnet). Im herrlichen langsamen Satz zelebrierten Skride und Krijgh ihre Solothemen in inniger Verschmelzung. Die Herren ließen die Mittelstimmen stark hervortreten, im gemeinsamen Atem entfaltete der Satz seinen Zauber. Im Tanzsatz und im brausenden Finale waren die Musikerinnen und Musiker im temperamentvollen Spiel verbunden, der drängende Rhythmus ließ sie gemeinsam fliegen.

Mit Valerie Schatz am Kontrabass, dem Klarinettisten Matthias Schorn (Wiener Philharmoniker), seinem Orchesterkollegen Josef Reif am Horn und dem kommunikativen Fagottisten Marco Postinghel vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks öffnete sich der Kreis der Musizierenden zum Oktett: Im steten Austausch von Streichern und Bläsern und innerhalb der Gruppen erlebte man die groß besetzte Kammermusik als dicht gefügtes und trotzdem transparentes Geflecht. Im langsamen Satz durften sich die Themen organisch ausbreiten und verdichten, im Scherzo kam ein ruppiger Charakter mit milderem Trioteil zum Vorschein.

Angeführt von Skride und Schorn mit ihrem feinen Dialog, entwickelte sich der Variationensatz in seinen zahlreichen Facetten, die die Eigenheiten der Instrumente so pointiert herausarbeiten. Nach dem lieblichen Menuett versammelte sich das Ensemble zum brausenden Rundgesang, individuell und trotzdem ein Ganzes bildend.

Blumige Fülle des Wohllauts

Einen umjubelten Liederabend mit Regula Mühlemann, Tatjana Korsunskaya und Matthias Schorn gab es bei der Schubertiade.

Robert Stolz und sein Textdichter Bruno Hardt-Warden schreiben den Blumen Charaktere zu, bei Richard Strauss und Felix Dahn verbinden sich Frauentypen mit bestimmten Blumen: Bei ihrem zweiten Schubertiade-Auftritt beglückten die Schweizer Sopranistin Regula Mühlemann und ihre langjährige Klavierpartnerin Tatiana Korsunskaya mit einem facettenreichen bunten Blumenstrauß. Auch bei Schubert setzte sich mit „Viola“ der Blumenreigen fort, bevor Matthias Schorn seine Klarinette in den letzten Stücken aufs Innigste mit der Stimme verband.

Ein wenig „schwül“ sind sie schon, die „Blumenlieder“ von Robert Stolz, die er im Jahr 1927 als sein op. 500 (!) schuf. Mühlemann hat drei von ihnen dieses Jahr bei „Frühling in Wien“ mit den Wiener Symphonikern gesungen und hatte für ihren Liederabend acht Lieder (es gibt insgesamt 20) ausgewählt. Korsunskaya bereitet der Sängerin im ersten Lied einen impressionistisch wirkenden Boden, bevor sich „Veilchen“ sanft und sinnlich in einem langsamen Dreiertakt vorstellen und „Lilie“ eine fast asiatische Anmutung hat. Schlicht, über silbernen Klavierklängen, entfaltet sich „Edelweiß“, mit der „Rebenblüte“ geht es im deftigen Walzerjubel zum Heurigen. Charmant verschmitzt gestaltet die Sängerin das „Orakel“ der Margarite (ihrem „er liebt mich!“ kann doch niemand widerstehen!), mit „Rote Rose“ blüht die Stimme in ihrer Fülle und Wärme auf.

Leichtigkeit

Mit ihrer unbeschwerten Leichtigkeit im hohen Register ist die Luzernerin eine wunderbare Strauss-Sängerin (der liebte ja die Frauenstimmen und speziell die seiner Gattin Pauline). Auch seine „Mädchenblumen“ mit den bilderreich üppigen Charakterisierungen durch Felix Dahn bringt sie mit Anmut und Zartheit zum Leuchten: „Mohnblumen“ wirken durch die schillernden Triller im Klavier wie ein Scherzo in dem kleinen Zyklus, in „Epheu“ winden sich schwärmerische Ranken über zarten Arpeggien, die „Wasserrose“ breitet sich in reicher Chromatik aus. Mit den Gedichten von Dahn tun sich heute manche vielleicht schwer, die Vertonungen des 24-jährigen Richard Strauss aber sind für Sopranistinnen wie Regula Mühlemann wohl reine Wonne – ebenso wie der überschwängliche Jubel von „Ständchen“. Die Blumenballade „Viola“ von Schubert gestaltet das Liedduo als feinsinniges Portrait, getragen vom Pulsieren des Klaviers und im Mittelteil durchzogen von Schicksalsklängen und dunklem Tremolo. Dank ihrer Natürlichkeit und ihrer Pianokultur zeichnet die Sängerin ein Lebensbild im Kleinen.

Nähe

Wie nah sich Stimme und Klarinette sein können, wird im Zusammenspiel der Künstlerinnen mit Matthias Schorn lebendig: Der trägt als Mitglied der Wiener Philharmoniker nicht nur die Bläserkultur weiter, er macht mit seinem Ensemble Faltenradio auch Volksmusik – beides passt wunderbar zu Schuberts Musik. Nicht nur im beliebten „Der Hirt auf dem Felsen“ ist das zu erleben, auch in einer Romanze aus „Die Verschworenen“: Mühlemann und Schorn entwickeln ihre Töne aus dem Pianissimo, lassen sie aufblühen und umschlingen einander: In der Romanze ist die Klarinette die Stimme des Geliebten, im „Hirt auf dem Felsen“ erzählt sie von Natur, Echo, Sehnsucht. Auch dieses Stück ist ein vielgeliebter Schlager bei der Schubertiade, der immer neu mit Liebe und Hingabe belebt wird und das Publikum jubeln lässt!

Wiener Philharmoniker alla Scala: l’Orchestra Perfetta

Wiener. Punto. Philharmoniker. Punto. L’articolo potrebbe chiudersi qui.Che cosa si può ancora dire dopomigliaia, milioni di pagine scrittein tutto il mondo sull’OrchestraPerfetta, tornata ieri sera allaScala dopo due anni dall’ultimoconcerto?Va bene, qualcosa diremo, ma aconferma che un’esibizione deifilarmonici viennesi è il trionfodella tradizione, anzi la cultura, laciviltà stessa della tradizione.Anzi, della Tradizione con la Tmaiuscola, quella cosa checonforta la nostra identità più profonda.L’Orchestra Perfetta è così perfetta da far nascere un pensieromalizioso: questi suonerebbero anche senza direttore (a parte che i direttori li scelgono loro, come iprogrammi e i solisti, una forma di aziendalismo democratico). Jordan, il Robocop dei direttori d’orchestra Ieri sera sul podio c’era, in sostituzione dell’indisposto Riccardo Chailly, una delle bacchette più solidein circolazione, lo svizzero tedesco Philippe Jordan. Qualcuno lo chiama Robocop, per una gestualitàsecca e lo sguardo improntato a fiero cipiglio (alternato però a improvvisi sorrisi); rigidità posturaleevidente più in Mozart (diretto a mani nude) che in Strauss (diretto con la bacchetta). Prova eccellente,Jordan è sicuramente fra i direttori top in attività; ma l’idea che l’orchestra potesse suonare da sola(col primo violino a dare l’attacco) è una boutade che gira spesso tra gli ascoltatori. Tanta èl’ammirazione per questa gioiosa macchina da guerra (questa sì vincente…). Sinfonia 39: un Mozart ostico Il Mozart della sinfonia 39 è un Mozart ostico, la melodia è sempre come oscurata da nuvole grigie;anche nei movimenti più veloci, compreso il magnifico minuetto, c’è una malinconia superiore a quellache c’è sempre di base in Mozart. La levità profonda degli archi all’inizio del secondo movimento è unadi quelle cose che restano stampate in eterno nella memoria di un ascoltatore; come la sublimemorbidezza dei corni e dei clarinetti nel corso di tutta la sinfonia. Sono loro, i Wiener, nessun altrocome loro.