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Pressestimmen

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Presse

28. September 2024

Mitreißende Vielfalt mit „Faltenradio“

Bei „Meisterkonzerten“ gab es diesmal unvermutete Kombinationen auf höchstem Niveau

Iffeldorf. Harmonikas und Klarinetten, ein Metronom, die Stimme, die Füße und ein ordentlicher Schuss Wiener Schmäh: Mit dieser Kombination und unglaublicher Vielfalt begeisterte „Faltenradio“ jetzt bei den „Iffeldorfer Meisterkonzerten“. Wobei der Name nicht auf das Alter des Publikums zielt, sondern ein scherzhaftes Synonym ist für die Steirische Harmonika. Wer dabei jedoch nur an Volksmusik denkt, irrt sich gewaltig. 

Mit dem Programm „Landflucht“ zeigen Alexander Maurer, Stefan Prommegger, Alexander Neubauer und Matthias Schorn eindrucksvoll, wie kleingeistig es ist, Musik in ein Raster zu packen. Sie mischen munter Mozart und Wader, Kubas Lebensfreude und Gregorianisches, Nachdenkliches und Amüsantes. 

Alles mit charmant-larmoyanter Moderation. Und natürlich mit der unglaublichen Virtuosität der vier Profimusiker. Sowie deren Leidenschaft beim Spiel und beim Experimentieren. 

Das ist aber der ersten Sekunde zu spüren. Zum Takt des Metronoms entlockt Alexander Maurer der Harmonika sphärische Klänge. Im Gleichschritt erscheinen nach und nach die Kollegen und legen mit den Klarinetten und „Ten Children“ des amerikanischen Jazzers Michael Lowenstern über den Saal einen dichten Klangteppich, der abrupt in den schmissigen „Links-Rechts-Marsch“ umschwenkt. Dem folgt eine launige Wirtshausbegrüßung mit feiner Schmähung der Obrig- und Geistlichkeit. Weiter geht’s mit Mozart „Dafür hat uns der Pfarrer zum Studieren in die Stadt geschickt“. Das „Adagio 580a“ ist zum Dahinschmelzen. Fein abgestimmt mit drei Klarinetten, dazu sachte Orgeltöne vom Akkordeon. Ebenso romantisch Schumanns „Träumerei“ aus den „Kinderszenen“, ausgefeilt improvisiert Friedrich Guldas jazziges „Für Rico“. Makaber Ludwig Hirschs „Ich hab’s wollen wissen“ und zum Mitsingen für ein stimmkräftiges Publikum etwas Hannes Wader. Den roten Faden bilden die tollen, unvermuteten Kombinationen auf höchstem Niveau. Da tobt das Publikum im vollen Saal und lässt die Musiker erst nach mehreren Zugaben und einem fetzigen „Rock me Amadeus“ gehen.

12. August 2024

Die Himmelfahrt vor der Moderne

Andris Nelsons und die Wiener Philharmoniker mit Mahlers Neunter.

Wenn es in der Festspielintendanz von Markus Hinterhäuser ein musikalisches Gegenstück zum alljährlichen „Jedermann“ gibt, dann ist es Gustav Mahlers Symphonie Nr. 9. Zum fünften Mal seit 2017 ist dieses Werk an der Schnittstelle zur Moderne erklungen, in den Sommer des Schönberg-Jahrs passt es besonders gut: 1909 komponierte Mahler sein Abschiedswerk, gleichzeitig arbeitete sein Wiener Zeitgenosse an ersten atonalen Stücken. In Salzburg ist all das binnen weniger Tage zu hören: pures Festspielglück. Im Mahler-Originalklang der Wiener Philharmoniker drängt sich das Expressionistische der Neunten nicht in den Vordergrund. Andris Nelsons, der Jahr für Jahr an seinem Salzburger Mahler-Zyklus arbeitet, ist zwar ein Spezialist für Schostakowitsch, die Verbindungslinien zwischen den beiden Symphonikern erschließen sich hier kaum. Die Qualitäten des Orchesters berühren eine andere westliche Seite Mahlers, nämlich das Schwelgen in großem Klang. Fast eine halbe Stunde dauert im Großen Festspielhaus der Kopfsatz, genug Zeit, um die Schönheiten dieser Musik unter die Lupe zu nehmen. Pastos legst sich der warme, seelenvolle Streicherklang über die hauchdünne Struktur des zarten Nachtstücks, nur unterbrochen von den brillant dröhnenden Blech-Interventionen in den Seitengedanken des Riesensatzes. Wie Andris Nelsons das gemächlich ausbreitet, sich nicht in Kleinteiligkeit verliert, sondern einen Bogen über das große Ganze spannt: das ist schon sehr beeindruckend. 

Fast zu schön klingt dann der Ländler, die Kunstfertigkeit der Philharmoniker lässt das vermissen, was Mahler in der Vortragsbezeichnung – „etwas täppisch und sehr derb“ – ausdrücklich einfordert. Formvollendet gerundet das Blech, betörend das Holz: nur Matthias Schorn an der Klarinette bringt herzhaft alpine Volksmusik-Tönungen in Spiel. Auch vom zweiten Binnensatz bleibt trotz aller Präzision weniger das Diabolische der Rondo-Burleske in Erinnerung, das etwa Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker kühl zugespitzt und „moderner“ zum Ausdruck gebracht haben, sondern die zarten Vorahnungen der abschließenden Sehnsuchtsmelodie. 

Dieses Adagio, einer der großen Schlusssätze in Gustav Mahlers symphonischem Kosmos, steht im Zentrum von Andris Nelsons Werksicht. Wieder sind es die Streicher, die einzelne Stimmen, Schattierungen wie Karamell zum Klang verschmelzen und diesem Satz ihren Stempel aufdrücken. Nelsons bringt diesen Satz in aller Ruhe zur Entfaltung und kostet die berührende Klangwirkung aus. Diese Himmelfahrt kann man nicht besser gestalten, alles verklingt und erstirbt atemberaubend nuancenreich. Ergriffenheit und langsam anschwellender Jubel.

27. Mai 2024

Stürmisch und harmonisch mit dem Altenberg Trio 

Schubert glättete die Schönberg’schen Wellen im traulichen Rahmen des Deutschlandsberger Klavierfrühlings. Die Konzertreihe des bekannten Klaviertrios aus Wien beim Kulturkreis Deutschlandsberg schwang sich mit einem Jungwerk Ernst Kreneks ein: der Triophantasie op. 63. Wendig und frisch wie ein Gebirgsbach perlt diese Phantasie im sich zuspitzenden Dialog zwischen Violine und Cello, während das Klavier unter Christopher Hinterhuber wie ein stetiges Flussbett dahinfließt. 

Für Schönbergs Kammersymphonie Nr. 1 erweitere sich die Bühne um die Klarinetten- und Flötenklänge von Matthias Schorn und Wally Hase. Die Fassung dieses Werks mit „zum Platzen gespannter Tonalität“ in der Fassung von Anton Webern ist klanglich entschlackt, aber nicht weniger dicht und wuchtig als die Originalbesetzung. 

Kraftvoll und voll Fokus sind die Musiker hier am Werk. Das Klavier als „Harmoniegeber“ verbindet den wilden stürmischen Anstieg der anderen Instrumente, die sich trotz solistischer Präsenz immer wieder paarweise formieren. Mit Schuberts Klaviertrio in B-Dur D898 kam das Altenberg Trio zu einem spielerisch wie schöpferischen Einklang. Dem innigen zweiten Satz schenkten die Musiker vollendeten Klang und einen unendlichen Atem.  

21. April 2024

Diese Tosca erschrickt vor sich selbst

Wiener Staatsoper: „Tosca“ mit Krassimira Stoyanova und Riccardo Massi als glaubhaftem Liebespaar.

Während draußen das sportliche Wien bereits auf den Marathon eingestellt war, verwandelte sich die Wiener Staatsoper zum mittlerweile 650. Mal mit Kirche Sant’Andrea della Valle, Palazzo Farnese und Engelsburg in das legendäre Bühnenrom der Margarethe Wallmann. Ihren Namen findet man auch auf einem Programmzettel, der im Rahmen einer Ausstellung zu Alma und Arnold Rosé im  Marmorsaal und im Balkonumgang zu sehen ist: Tschaikowskys „Eugen Onegin“ (von Wallmann stammte die Choreografie, Arnold Rosé war Konzertmeister) am 11. März 1938 war die letzte Vorstellung vor dem „Anschluss“. Den Krieg verbrachte die Bühnenbildnerin in Südamerika. Seit 1958 hat das Haus am Ring Wallmanns „Tosca“-Inszenierung im Programm. Ein unangefochtener Klassiker, der bereits Generationen von Stars und Publikumslieblingen umgab. 

Am Samstag präsentierte sich darin erstmals der Italiener Raccardo Massi als Cavaradossi. Ein Singschauspieler (mit Vergangenheit als Stuntman wohlgemerkt), wie man ihn sich nur wünschen kann – ausgestattet mit kraftvoller, sicherer Höhe. Ein Darsteller, bei dem alles echt wirkt. So glaubhaft und lebendig kommt das Geplänkel im ersten Akt rund um Toscas Eifersucht gegenüber der von Mario gemalten Schönheit selten über die Rampe. Massi und Krassimira Stoyanova harmonisieren als Paar hervorragend.

Stoyanovas frischer Sopran

Die Sopranistin gestaltete wie gewohnt voller Sorgfalt und mit Liebe zum Detail ihre Partie. Herrlich, wie frisch und kein bisschen angestrengt die Stimme vor allem in der Höhe klang. Über den Entschluss, Scarpia zu töten, scheint diese so gar nicht abgebrühte Tosca fast selbst erschrocken zu sein. Amartusvshhin Enkhbat verkörperte einen allzu eleganten Polizeichef. Dieser Scarpia hat nichts Finsteres, Infames. In Enkhbats noblem Bariton mit den wunderschönen Parlandi findet sich kein Tropfen bitterer Schwärze. Gut die kleineren Partien: Evgeny Solodovnikov (Angelotti), Ted Black (Spoletta), Stephano Park (Schließer) und natürlich Wolfgang Bankl als Mesner. 

Yoel Gamzou führte mit vornehmlich federnden Bewegungen das Orchester durch Giacomo Puccinis grandios farbenreiche Partitur. Im Mittelpunkt stand nicht die dröhnende, markerschütternde Wucht der Musik, sondern Schmelz und Wohllaut. Wo sonst werden das Celloquartett im dritten Akt und die Klarinette zu „E lucevan le stelle“ mit so viel Leidenschaft ausgeführt?

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