Die Philharmoniker bereisen mit Riccardo Muti alte und neue Welten

Bei seiner 4. Soirée erprobte das Orchester unter Mutis Leitung das zweite der drei Programme für das gemeinsame Gastspiel in New York: Mozart und Dvořák, ernst und groß. Schuberts „Tragische“ und Bruckners Siebte sind bereits vorbereitet, die erklingen zudem nächsten Dienstag, bei einem Abstecher nach Mailand ans Teatro alla Scala.

Davor, am kommenden Wochenende, dirigiert Riccardo Muti im regulären Abokonzert-Termin im Goldenen Saal auch noch Schuberts „Große“ in C-Dur und Strawinskys „Kuss der Fee“-Suite, ergänzt um eine italienische Rarität: „Contemplazione“ von Alfredo Catalani, dem Komponisten der „Wally“. Und von Mailand aus geht es dann nach New York, für drei Konzerte in der Carnegie Hall ab 28. Februar. Ein in jeder Hinsicht eng getaktetes, anspruchsvolles Programm – und ein bisschen war das auch an kleinen Unsauberkeiten zu vernehmen, die sich am Dienstag fallweise in Wolfgang Amadé Mozarts „Jupiter-Symphonie“ und bei Antonín Dvořáks Neunter zeigten.

Aber Muti wäre nicht Muti, könnte er den gemeinsamen Interpretationen nicht auch so seinen unverkennbaren Stempel aufdrücken. Und auch die Philharmoniker wären nicht sie selbst, würden sie nicht blitzschnell aufeinander reagieren und im schönsten Falle in musikantischer Freiheit sich aussingen: Etwa dann, wenn Matthias Schorn seine Klarinettensoli mit dem zartesten und dennoch niemals abreißenden Pianissimo serviert. 

Düsterer Grundton

Kantig, finster, ruppig: Schwang schon in der langsamen Einleitung zu „Aus der neuen Welt“ ein Kommentar zur gegenwärtigen politischen Lage in den USA mit? Dvořáks Partitur gibt freilich das Herbe bereitwillig her, ohne dass man sie erst in diese Richtung trimmen müsste. Mutis immer pointierte Deutung betonte jedenfalls die grimmigen Auseinandersetzungen, die sich zwischen Lyrik und Dramatik ergeben.

Tschechische Volksmusik, Spirituals, Musik der amerikanischen Ureinwohner? Es gehört ja gerade zu Dvořáks Großtaten, sich die Einflüsse nicht fein säuberlich auseinanderdividieren zu lassen. Egal, ob die Sehnsuchtsgesänge des Largo über der Prärie oder über böhmischen Feldern erklingen: Wichtig ist, dass sie ihren Zauber entfalten. Die leisen Tremoli der geteilten Streicher, die ausdünnenden, stockenden Soli, der letzte Aufschwung, die famos sonoren Schlussakkorde der Kontrabässe; im Finale dann auch die aufmüpfig nachschlagenden Achtelnoten der Hörner: Das waren diesmal jedenfalls Höhepunkte.

Faszinierend auch, wie Muti über jede Phrase der „Jupiter-Symphonie“ neu nachgedacht zu haben schien und vom gemessenen, von seiner Galanterie geradezu beschwerten Kopfsatz einen großen Bogen hin zum Esprit der Aufklärung im Fugen-Finale spannte. Mozart im alten Stil? Vielleicht – aber mit neuem Sinn.

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