Der Willy, der wird auch heut’ noch daschlogn

Bühne am Dom: Ein famos altersweiser und glaubwürdiger Konstantin Wecker brilliert mit einem Mix aus Lesung und Konzert. Konstantin Wecker hat am Mittwochabend den Linzer Domplatz für sich vereinnahmt. Wo und wann immer der 74-Jährige seine Texte und Lieder rezitiert, bildet sich mit dem Publikum schnell eine Art Kokon. Eine Blase aus Gleichgesinnten. Wecker versprüht ein Wärmegefühl, eine Sicherheit, hier und jetzt kann niemandem Schlechtes widerfahren.

Weckers Botschaften begründen sich aus einer Außenwelt, die böse ist. Nie wieder Faschismus! Keine Kriege mehr! Bekämpfet stets den nimmersatten, geldgierigen Neoliberalismus! Dafür steht der Musiker und Poet seit Jahrzehnten, und eingehüllt in gehaltvolle Texte und stimmige Begleitmusik wirkt der Auftritt wie ein magisches Auffrischungsseminar.
Konstantin Wecker beginnt sein Konzert mit Willy, den’s gestern daschlogn ham, und rezitiert dazu einen langen Text. Dabei verbindet er das 1977 besungene Schicksal eines jungen Mannes, der von einem Rechtsradikalen erschlagen worden war, mit aktuellen Ereignissen – nämlich dem rechtsextremistischen Terrorakt im deutschen Hanau vom 19. Februar 2020, bei dem neun Menschen mit Migrationshintergrund getötet wurden. Willys werden auch heute immer noch erschlagen.

Begleitet wird der Liedermacher seit 29 Jahren von Johannes Barnikel am Flügel. Als Gast kommt Matthias Schorn auf die Bühne. Der 39-jährige Halleiner, Klarinettist der Wiener Philharmoniker, gibt dem auf die Gefühlsebene ausgelegten Konzert einen wunderbaren symphonischen Mantel.
Konstantin Wecker arbeitet sich mehr als zwei Stunden lang durch sein Leben. Er streift kein Thema, er spricht es immer konsequent an. Die bewusstseinserweiternde Wirkung seiner beiden Söhne, der freiheitsdominierte Erziehungsansatz seiner Eltern, die Liebe zu seinem Vater. “Für meinen Vater” geht unter die Haut. Vier, fünf Minuten Zeit, untermalt von Puccinis “Nessun dorma”, über die eigene Vater-Sohn-Sache zu reflektieren.

Manchmal kommt auch der ihm implantierte Übermut mit Augenzwinkern herüber, das hebt Konstantin Wecker von jeglicher Zeigefinger-Rhetorik ab, es macht ihn glaubwürdig. Stimmlich hat der Münchner schon bessere Tage erlebt – etwa bei der eingespielten Aufnahme des kleinen Konstantin, bei der er als Sopran eine herzerfrischende Traviata gibt. Eine Stimme, die in die Jahre gekommen ist. Eine Nebensächlichkeit, weil’s um die Botschaften geht. Konstantin Wecker hat eine famose Altersweisheit, verbunden mit jugendlicher Pfiffigkeit, erreicht.

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