Wenn Musik um Emotion ringt

Das aktuelle Brucknerhaus-Team geht gerne auf Entdeckungsreise und bringt vollkommen zu Unrecht Vergessenes ans Licht – mit der Absicht, das gängige Repertoire zu erweitern. Doch nicht immer geht man nach so einem Konzert ausschließlich beglückt nach Hause. Das war auch beim Kammermusikkonzert mit dem Fauré Quartett am Freitag im Brucknerhaus der Fall.

Eines vorweg: Wäre da nicht eines der weltweit führenden Ensembles auf der Bühne gesessen und hätte gemeinsam mit Matthias Schorn (Solo-Klarinettist der Wiener Philharmoniker) derart viel Energie in die gigantischen Werke gelegt, wäre der Abend nicht bloß lang, sondern auch langatmig geworden.

In der Bruckner-Nachfolge ist der Komponist Franz Schmidt (1874-1939) einer der großen, aber auch umstrittenen Komponisten. Das Klarinettenquintett ist sein letztes vollendetes mehrsätziges Werk, das mit zwei Aspekten zu kämpfen hat: Zum einen ist es Paul Wittgenstein gewidmet, jenem Pianisten, der im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verlor, aber durchaus seine Rolle einforderte, was einem derart großen Kammermusikwerk klanglich nicht entgegenkommt. Hier fehlt trotz der virtuos eingesetzten linken Hand die Klangfülle des Flügels. Zum anderen hat das über eine Stunde dauernde Werk Längen, die nicht so himmlisch sind wie jene in Schuberts Kammermusik. Trotz großartiger Interpretation wird das alles schwerverdaulich. Zumal auch das mit knapp 45 Minuten ebenfalls gewaltige 1. Klavierquartett op. 16 von George Enescu im ersten Teil Musikern und Publikum viel abverlangt.

Enescu meint, dass “Polyphonie das wesentliche Prinzip” seiner musikalischen Sprache sei. Das ist spannend zu analysieren, auch interessant zu erarbeiten, zeigt aber in der Fülle an Einfällen jenes Problem der Verdichtung in der spätromantischen Musik: Schönberg, der im gleichen Jahr wie Franz Schmidt zur Welt kam, versuchte dies radikal mit seinem Schritt in die Atonalität und damit in die formale Knappheit zu lösen.

Man muss in allen Fällen den famosen Musizierenden des Fauré Quartetts und bei Schmidt zusätzlich Matthias Schorn dankbar sein, diese gewaltigen Werke so lebendig wie möglich musiziert zu haben. Ob diese jedoch gängiges Repertoire werden, ist zu bezweifeln.

Fazit: Eine fulminante Großtat für interessante, aber doch grenzwertige Riesenwerke.

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