Ein Reigen Wiener Melodien

[…] Dann aber eröffnete das Theophil Ensemble Wien das musikalische Festspieljahr mit dem Oktett F-Dur von Franz Schubert. Das von dem Klarinettisten Matthias Schorn, Solistenpreisträger der Festspiele, gegründete Ensemble nennt sich nach dem Architekten des Wiener Musikvereins Theophil von Hansen. Und Schorn ist, auch wenn er mit unauffälliger Bescheidenheit seinen Platz zwischen den Bläsern des Ensembles einnimmt, ein Musiker von außerordentlichen solistischen Fähigkeiten. Der wunderbar kantable Piano-Ton, mit dem er den zweiten Satz des Oktetts einleitete, glänzt nicht nur mit seiner aus dem Nichts herauswachsenden Klangschönheit, sondern fesselt auch mit der spannenden Entwicklung seiner tief gründenden Substanz. Überhaupt spinnen die fünf Streicher und drei Bläser unter dem Primarius Kirill Kobantchenko gerade diesen langsamen Adagio-Satz mit besonders eindringlicher dramaturgischer Gestaltung aus. Danach ziehen sie einen langen Bogen über Variationen und Menuett bis zu einem farbigen, mitreißenden Finale, in dem sich anfängliches Gewittergrollen in den Bässen auflöst in heitere F-Dur-Freude. Nach dieser ausgiebigen klassischen Einleitung erweiterte sich das Ensemble mit der Flötistin Birgit Ramsl zum Nonett und nahm die Zuhörer mit zum Reigen von Wiener Melodien aus der Strauß-Familie. Die Fledermaus-Ouvertüre, Geschichten aus dem Wienerwald, Rosen aus dem Süden – es war entzückend, mit welcher Raffinesse sich das feine Ungleichmaß des Walzermetrums in den Begleitakkorden festhakte, ohne jede Differenz zwischen den einzelnen Musikern. Es war erstaunlich, in was für eine dramatische Spannungskurve sich so eine Walzergeschichte bringen lässt, und in welche orchestrale Farbigkeit die Musiker diese kleine Besetzung ausfalten können. Ein hier im Norden weniger bekanntes Werk war „Unter der Enns“ von Eduard Strauß, dessen Moll-Harmonik durch eine überraschende Gesangseinlage der Musiker aufgeheitert wurde. Da gab es viel begeisterten Applaus und oft Bravo-Rufe, wofür das Ensemble in einer gefühlvollen Zugabe „Brennende Liebe“ von Joseph Strauß versicherte.

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