Individuell und trotzdem ein Ganzes

Zwei der beliebtesten Kammermusikwerke hatten die lettische Geigerin Baiba Skride und ihre Mitmusizierenden aufs Programm gesetzt: Antonín Dvoraks „Amerikanisches Quartett“ op. 96 und das große Oktett von Schubert mit seinem 

phantasievollen Miteinander von Streichern und Bläsern. 

Mit der niederländischen Cellistin Harriet Krijgh hat man Skride schon in einem reinen sehr harmonischen Damenquartett gehört. Der Italiener Hans Liviabella und der australische Bratschist Ivan Vukcevic, beide zum ersten Mal bei der Schubertiade, doch durch gemeinsame Konzerte mit den beiden Damen verbunden, brachten sich mit intensivem Spiel ein. Das Werk entstand während der Zeit in Amerika, als Dvorak als Direktor des New Yorker Konservatoriums wirkte und die Sommerferien in Spillville/Iowa inmitten böhmischer Landsleute verbrachte. Dadurch sind die „amerikanischen“ und die „böhmischen“ Einflüsse nicht so leicht voneinander zu trennen.

Zauber

Angeregt vom starken Eröffnungsmotiv der Bratsche führte das Zusammenspiel im ersten Satz zu fast orchestralen Aufschwüngen (nicht ohne Grund wird das F-Dur-Werk mit seiner Naturnähe als die „Pastorale“ von Dvorak bezeichnet). Im herrlichen langsamen Satz zelebrierten Skride und Krijgh ihre Solothemen in inniger Verschmelzung. Die Herren ließen die Mittelstimmen stark hervortreten, im gemeinsamen Atem entfaltete der Satz seinen Zauber. Im Tanzsatz und im brausenden Finale waren die Musikerinnen und Musiker im temperamentvollen Spiel verbunden, der drängende Rhythmus ließ sie gemeinsam fliegen.

Mit Valerie Schatz am Kontrabass, dem Klarinettisten Matthias Schorn (Wiener Philharmoniker), seinem Orchesterkollegen Josef Reif am Horn und dem kommunikativen Fagottisten Marco Postinghel vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks öffnete sich der Kreis der Musizierenden zum Oktett: Im steten Austausch von Streichern und Bläsern und innerhalb der Gruppen erlebte man die groß besetzte Kammermusik als dicht gefügtes und trotzdem transparentes Geflecht. Im langsamen Satz durften sich die Themen organisch ausbreiten und verdichten, im Scherzo kam ein ruppiger Charakter mit milderem Trioteil zum Vorschein.

Angeführt von Skride und Schorn mit ihrem feinen Dialog, entwickelte sich der Variationensatz in seinen zahlreichen Facetten, die die Eigenheiten der Instrumente so pointiert herausarbeiten. Nach dem lieblichen Menuett versammelte sich das Ensemble zum brausenden Rundgesang, individuell und trotzdem ein Ganzes bildend.

Logo: Matthias Schonr
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