Festival Strings: Die Stradivari entzückte mit den Wiener Hausgöttern

Mit Mozart und Richard Strauss und Wolfgang Schneiderhans wieder erweckter Stradivari begeisterten die Festival Strings Lucerne bei ihrem Heimkonzert. Dabei wurde einer bestimmten Orchesterkultur besondere Ehre erwiesen. Fast täglich folgten sich zuletzt die Inserate mit dem Hinweis auf das Debüt einer Stradivari beim Konzert der Festival Strings Lucerne. Quasi wachgeküsst werde ein 340 Jahre altes Instrument, das dem Übervater der «Strings», dem Wiener Meistergeiger Wolfgang Schneiderhan, gehört hatte.

Die Stradivari-Geigen umgibt von jeher etwas Geheimnisvolles, und dies verfehlte die Wirkung nicht: Wohl erstmals bei einem Konzert des international tätigen Ensembles in den letzten Jahren musste auch der dritte Balkon im KKL geöffnet werden – alles Übrige war restlos ausverkauft.Bereits im Jubiläumskonzert aus Anlass des 60-jährigen Bestehens des Elitekammerorchesters erklang 2016 eine Stradivari, die Schneiderhan gehörte, nur war es die Ex- Liebig von 1704, und gespielt wurde sie von Weltklassegeiger Julian Rachlin. Der Unterschied zu damals: Diesmal handelte es sich um die 340 Jahre alte «Sellière», die 40 Jahre im Banktresor geschlummert hatte und ebenfalls jahrzehntelang von Schneiderhan gespielt worden war. Und die dank Sponsoren ermöglichte Leihgabe wird jetzt von Daniel Dodds gespielt, der das Ensemble vom ersten Pult aus leitet und gelegentlich als Solist auftritt.

Eng mit dem berühmten Geiger verbunden

Jeder Spieler muss sich zuerst an ein Instrument gewöhnen, erst bei einer Stradivari. Dass der Prozess schon weit fortgeschritten ist, erkennt man bereits bei dem in einer neuen Streichorchester-Fassung gespielten Streichsextett aus der Richard Strauss-Oper «Capriccio», wo die Geige wie die Bratsche kleine solistische Einwürfe haben. Auf Anhieb hört man den feinen, hellen, noblen Streicherklang, wie man ihn von Wolfgang Schneiderhan im Ohr hat. Der Bezug zu diesem wird auch insofern betont, als fast alle dargebotenen Werke eng mit ihm verbunden sind, als er als Konzertmeister der Wiener Philharmoniker wirkte und ein von ihm gegründetes Streichquartett anführte. Dies gilt namentlich für das Sextett aus «Capriccio», das durch das erweiterte Schneiderhan-Quartett 1942 uraufgeführt worden war. Und erst recht für die Sinfonia concertante von Mozart, wo Schneiderhan 1938 als Solist bei den Wienern debütierte.

Trotz Harmonie separate Klangfarben hörbar

Und da unter dem Motto «Vienna meets Lucerne» auch Musiker der Wiener Philharmoniker mitwirkten, verstärkte sich die Assoziation zum Wiener Klang hörbar. So verband sich Daniel Dodds‘ Sologeige mit der Solobratsche des aus Australien stammenden Tobias Lea. Dabei waren die hellere, filigran aufgegliederte Klangfarbe der Sologeige und die dunklere, samtene der Solobratsche trotz harmonischen Zusammenspiels immer klar erkennbar. Wenn in den Kadenzen des Kopfsatzes und des langsamen Mittelsatzes die beiden Instrumente sich zum Duett verbanden, ergab sich ein Tonschmelz mit Suchtpotenzial, der an Opernduette in einer Belcanto-Oper erinnerte. Von den beiden Solisten liess sich auch das Orchester hörbar inspirieren. Eine Reverenz an die Wiener Orchesterkultur waren auch die Vorträge der Wiener Philharmoniker-Mitglieder Matthias Schorn (Klarinette) und Sophie Dervaux (Fagott) in Richard Strauss‘ märchenhaftem Duett-Concertino für Klarinette, Fagott und Kammerorchester. Den Wiener Charakter dieses Luzerner Auftritts vervollständigte die Darbietung von Mozarts Sinfonie A-Dur KV 201. Ein beifallsfreudiges Publikum, das schon bei den einzelnen Sätzen der Sinfonia concertante applaudierte, spiegelte die besondere Aura dieses Konzerts wider.

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