Mozart in Superlativen

Matthias Schorn, Kit Armstrong und das Armida Quartett konzertieren im Ludwigshafener BASF-Feierabendhaus

Künstlerpech! Geplant war für das Ludwigshafener BASF-Kammerkonzert am Mittwoch die Uraufführung von Kit Armstrongs Komplettierung eines Fragments für Klarinette und Streichquartett von Mozart. Sie musste verschoben werden, da das Armida Quartett wegen Wetterchaos nicht rechtzeitig aus London eintreffen konnte, um das neue Stück zu proben. Stattdessen erklang im Feierabendhaus Mozarts Trio in Es-Dur für Klavier, Klarinette und Viola ( „Kegelstatt-Trio“). Zu hören gab es daher Mozart pur; das „Kegelstatt-Trio“ wurde umrahmt von seinem ersten Klavierquartett in g-Moll und im zweiten Teil dem Klarinettenquintett in A-Dur. Ausführende waren das erwähnte Armida Quartett – mit Martin Funda (Primgeiger) und Johanna Staemmler (Violine), Teresa Schwamm (Viola) und Peter Philipp Staemmler (Cello) -, Matthias Schorn, Titelheld des BASF-Künstlerporträts in der laufenden Saison, und am Flügel Kit Armstrong, Künstler in Residenz der Spielzeit 2014/15. Doch was aus dem Künstlerpech erwuchs, war indessen ein außergewöhnlich beglückendes Ereignis, einen Abend im Zeichen vollendeter musikalischer Schönheit und (ohne Übertreibung) eine Offenbarung in Sachen Mozart. Da hatte jeder Ton seinen ganz präzisen Sinn, geriet jedes noch so kleine Detail, jede melodische Geste, rhythmische Figur und harmonische Rückung zwingend expressiv. Apropos Harmonik: Das Changieren zwischen Dur und Moll wurde jedes Mal unerhört sensibel nachvollzogen, die Moll-Eintrübungen wirkten stets verhangen und anrührend melancholisch. Für den hohen Qualitätsanspruch der Aufführung sprachen einerseits die nahtlose Kontinuität der Übergänge und andererseits die äußerst exakten und reaktionsschnellen Wechsel und Tonabstufungen. Wobei sich der kammermusikalische Dialog durchweg überaus intensiv und vielschichtig entspann. Auch ließen die Wiedergaben in puncto Eleganz, Anmut und Grazie keinen Wunsch übrig. Dass die sechs Spieler überragende Instrumentalisten sind, versteht sich von selbst. Dessen ungeachtet haben Schorns wunderbar sanglicher, geschmeidiger Klarinettenton, seine feinen Farbtupfer und Phrasierungskünste auch auf Spitzenniveau Seltenheitswert. Und Armstrong ist einfach ein fabelhafter Pianist. Die Prägnanz seines Fingerspiels, seiner perlenden Läufe und sein gestalterischer Esprit erschienen mehr als beeindruckend. Was die Freiheiten betrifft, die er sich großzügig nahm: Sie seien ihm gegönnt, da er die Musik aufleben ließ, statt Noten zu buchstabieren.

Das Armida Quartett, heute eine der international unangefochten führenden kammermusikalischen Formationen stand seinerseits für erlesenste Klangkultur ein und faszinierte durch unbändigen Willen zum Formen. Besonders hervorgehoben seien der Facetten- und Kontrastreichtum, der leidenschaftlich aufgewühlte Tonfall, und die Moll-Erregtheit des Kopfsatzes im g-Moll-Quartett oder der entfesselte übermütige Elan der Schlusssätze dieses Stücks und des Klarinettenquintetts. Nicht zu vergessen die berückenden Lyrismen (zweiter Satz!) im letzteren Werk und im „Kegelstatt-Trio“ die brillanten Virtuosenstreiche von Armstrong, Schorn und der glänzenden Bratschistin Teresa Schwamm vom Armida Quartett.

Als (scherzhafte) Zugabe wurden die acht Takte des Mozart-Fragments serviert, mit der sich Armstrong aus heutiger Sicht auseinandergesetzt hatte.

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