Grazie, Esprit, Klangzauber

Ein singendes Allegro nach dem Vorbild Johann Christian Bachs beherrscht das Streichquartett C-Dur KV 157 von Mozart, dessen Grazie und Esprit Mitglieder der Wiener Philharmoniker bei diesem besonderen Kammerkonzert meisterhaft akzentuieren. Das sinfonische Satzgefüge und die eindringliche Thematik kommen hier immer wieder ausdrucksvoll zum Vorschein. Dabei arbeiten die Musiker die Affektgebärde nicht aufdringlich heraus, sondern betonen die ausserordentliche Feingliedrigkeit des Satzgewebes. Mozart spricht hier ganz direkt zum Zuhörer. Einen ausgezeichneten Eindruck vermittelt hier auch die dezente Wiedergabe des Flötenquartetts in D-Dur KV 285 von Wolfgang Amadeus Mozart, wo zwei sehr lebhaft interpretierte Sätze das melancholische Flötenständchen in h-Moll umrahmen. Der Flötist Karl-Heinz Schütz agiert mit filigranem Zauber und lässt die chromatischen Feinheiten immer wieder facettenreich aufblitzen. Charmante melodische Einfälle sprudeln hier nur so hervor – und auch die harmonischen Bewegungen bestechen mit klanglicher Durchsichtigkeit und hervorragender spieltechnischer Präzision. Ein Höhepunkt dieses Konzerts ist sicherlich die sphärenhaft-schwebende Interpretation des Klarinettenquintetts in A-Dur KV 581 von Mozart, wo Matthias Schorn (Klarinette) den großen Klangzauber des Werkes und seine reizvollen Farbmischungen bei vielen Passagen beschwört. Die Registerunterschiede kommen dabei in dynamisch reizvollen Abstufungen zum Vorschein. Vor allem spürt man als Hörer, wie stark die Klarinette dabei die Führungsrolle übernimmt. Synkopierte Harmonien werden nuancenreich in das klangliche Gewebe eingebettet. Aber nichts klingt hier wie Zuckerwatte, sondern es besitzt jeder Ton seine eigene Bedeutung. Und den Wiener Philharmonikern gelingt dabei das Kunststück, selbst bei den ausufernden Passagen kein Detail aus dem Auge zu verlieren. Das vierstimmige Hauptthema kann sich so jedenfalls kraftvoll entfalten. Seelische Regungen erfüllen das Larghetto in beglückender Weise, wobei die Klarinette von den Streichern wie auf einer unsichtbaren Wolke getragen wird. Sie singt und jubiliert mit weitgespannten Intervallen. Die Melodiebögen wirken nie gekünstelt, sondern sie sind von echter Emotion und spieltechnischer Leidenschaft erfüllt. Grenzenlose Welten scheinen sich hier in beglückender Art zu öffnen. Das ländlerische Menuett mit seinem dunklen Trio in a-Moll gewinnt bei dieser Wiedergabe vor allem rhythmische Präsenz. Und die Final-Variationen dieses Werkes gipfeln mit ihrer Allegro-Beschleunigung in einer kunstfertigen, hervorragenden Steigerung, deren Emphase nie aufgesetzt wirkt. Zum Schluss folgt noch eine geheimnisvolle, kurze Mozart-Zugabe: Andante Rondo in Es-Dur zu einem Quintett für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Bass, wo sich die Musiker fast metaphysisch auszutauschen scheinen. Man lauscht in unendliche Weiten und eröffnet der Harmonik so neue, überaus geheimnisvolle Dimensionen. Dies gilt vor allem auch für das wunderbare Pizzicato im zweiten Satz des Flötenquartetts KV 285, das unauslöschlich im Gedächtnis bleibt.

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