BR Klassik CD-Tipp (25. 5. 2013)

Stadler, Mühlfeld, Schorn – was sich anhört wie das Mittelfeld eines Fußballclubs, ist in Wahrheit eine Troika der besten Klarinettisten, von früher und heute. Stadler, Anton Stadler, war der Lieblingsklarinettist von Mozart.

Hätt’s nicht gedacht, dass ein Klarinet die menschliche Stimme so täuschend nachahmen könnte, als du sie nachahmst. Hat doch dein Instrument einen Ton so weich, so lieblich, dass ihm niemand widerstehn kann, der ein Herz hat“, schwärmt ein Mozart-Zeitgenosse über das virtuose Spiel von Stadler. Und Mozart? Ist ebenfalls Feuer und Flamme und komponiert sein Klarinettenquintett A-Dur. Er selbst nennt es ehrfürchtig „Stadlers Quintett“.

Tief ins Herz sich hineinwühlendes Quintett

Richard Mühlfeld, verzaubert 100 Jahre später auf dieselbe Weise Johannes Brahms. Der hatte das Komponieren schon ad acta gelegt, da kommt Mühlfeld mit seinem „eigentümlich vibrierenden, rührenden Ton in zarten Kantilenen. Und was weiß er wieder mit dem schmalen Rohre für mächtige, starke Klangsäulen zu erpressen“. Mühlfeld ist Mitglied der Meininger Hofkapelle und Soloklarinettist im Bayreuther Festspielorchester. Und bringt Brahms klarinettistisch so in Aufruhr, dass der sein Trio op. 114 und sein unnachahmlich stimmungsvolles, melancholisches, tief ins Herz sich hineinwühlendes Quintett h-Moll schreibt.

Sternstunden der Kammermusik

Beide Quintette sind Sternstunden der Kammermusik – jeder Klarinettist muss sie auf der Wunschliste haben, für manche sind sie sogar der Grund, das Instrument zu lernen. Matthias Schorn, Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker, verfügt über einen so wunderbar warmen, vollen, dunklen und trotzdem angriffslustigen, manchmal heiter verspielten, manchmal fast naiv unbescholtenen, reinen Ton, (nebenbei über eine astreine Technik), dass er alle musikalischen Voraussetzungen für eine ideale Interpretation der beiden Werke mitbringt. Keine Klangfarbe bleibt unausgeleuchtet, keine Nuance im verborgenen, die Bandbreite reicht von hochdramatisch bis zu extrem verhalten – man kann sich vorstellen bei seinem Spiel, was in Mozart und Brahms vorgegangen sein muss. Als Partner hat Matthias Schorn nicht irgendwen an seiner Seite, sondern das österreichische Minetti-Quartett, immer noch blutjung, und trotzdem von Anfang an eine unüberhörbare Stimme im nicht gerade kleinen Reigen erstklassiger Streichquartette. Die Stücke sind Klassiker, die Aufnahme könnte es werden.

RBB CD DER WOCHE (Mai 2013)

„Sauzechen“ – so nennen die Österreicher nicht nur die Schweinezehe, sondern auch die Klarinette. Das hat nichts mit Schmäh zu tun, sondern ist durchaus liebevoll gemeint. Dass es um das Verhältnis der Österreicher zur Klarinette bis heute gut steht, das zeigen jetzt fünf Musiker, die es wissen müssen: Das Wiener Minetti Quartett und der Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker, Matthias Schorn.

Zart und beschwingt bei Mozarts Klarinettenquintett

In dieser Besetzung ist Mozart ein Muss. Der schielte schon als Jugendlicher neidisch nach Wien, denn im Gegensatz zu seiner Salzburger Heimat waren Klarinetten in den Orchestern der Kaiserstadt längst Gang und Gäbe. Seine tiefe Zuneigung zu diesem Instrument hat Mozart später nicht nur in seinem Klarinettenkonzert zum Ausdruck gebracht, sondern auch im Quintett, einem seiner letzten Stücke. Schon im ersten Satz setzt das Minetti Quartett zu einem äußerst zarten und beschwingten Ton an. Auf leisen Füßen schleicht sich Matthias Schorn ein in diesen feinsinnigen Streicherklang. Vom tiefen Gemurmel bis hin zum lebhaften Sprudeln – alle Schattierungen, die Mozart in sein Quintett gelegt hat, entwickeln die fünf Musiker gemeinsam.

Neues Werk von Balduin Sulzer

Dass man mit den fünf Instrumenten auch anders umgehen kann, zeigt der österreichische Komponist Balduin Sulzer. Invention, hat er sein einsätziges Klarinettenquintett aus dem Jahr 2012 genannt, das die fünf Musiker hier zum ersten Mal auf CD eingespielt haben. Modern, aber melodisch lotet Sulzer das Zusammenspiel von Klarinette und Streichquartett aus. Das bietet eine marschartige, rhythmische Grundierung, bei der die vier Streicher einen fast schon orchestralen Klang entwickeln. Darauf setzt Matthias Schorn schelmisch seine Akzente.

Zusammentreffen junger Profis

Seit zehn Jahren gibt es das Minetti Quartett nun schon. Seitdem räumt es regelmäßig die ersten Plätze bei internationalen Streichquartettwettbewerben ab, egal ob in Wien, Graz oder Florenz. In Österreich gehört es längst zu den führenden Streichquartetten. Eines aber haben sich die vier Musiker seit ihrer Anfangszeit bewahrt: ihren jugendlichen Schwung. Und so erweisen sich die Minettis als genau die richtigen Kammermusikpartner für den Wiener Philharmoniker Matthias Schorn.

Ulrike Klobes

Editors Choice www.allmusic.com (Juni 2013)

Several traits distinguish this recording of the Mozart Clarinet Quintet in A major, K. 581, and Brahms‘ Clarinet Quintet in B minor, Op. 115, from the numerous other similar pairings on the market. One is the presence of a third work, the Invention of contemporary Austrian composer Balduin Sulzer, composed in 2012 for clarinetist Matthias Schorn and the Minetti Quartet. This would by itself not be enough to recommend the recording, but the playing of Schorn, the principal clarinetist of the Vienna Philharmonic, is something else again. This may be playing that applies stereotypes of Viennese lightness and charm retrospectively to Mozart and even to Brahms, but the concept is executed in a thorough way. Mozart’s opening movement trips gracefully into the room, descending the stairs smoothly in its main theme, setting up the arpeggiated clarinet figure as a kind of delicate garden dance. The usual melancholy associated with the work is largely absent, but of course Mozart wasn’t planning on dying young. The Brahms quintet, too, is quicker than average and almost ethereal. If contemplation of the mysteries of late Brahmsian structure is a weighty matter to you, you may find the gentle cascades of sound here off-putting, but don’t dismiss them: the performance makes Brahms‘ music crystal clear, and the final variation set has a kind of transcendence. This is, in short, Viennese music-making of the best kind.

www.klassik.com (9. 6. 2013)

Mit zartem Pinsel

Klangschön sind diese Aufnahmen allemal. In ihrer lyrischen Grundhaltung überzeugen sie über weite Strecken. Stellenweise wirken sie ein wenig zu behäbig.

Das Schmunzeln angesichts des Titels ‚Mozart, Brahms, Sulzer – Clarinet Quintets‘ verstärkt sich, schlägt man das Beiheft auf. ‚Stadler – Mühlfeld – Schorn‘ ist der Einführungstext überschrieben. Es handelt sich dabei um die Klarinettisten, für die die obigen Komponisten ihre Werke geschrieben haben. Beide Reihen wirken etwas vermessen, wobei man zugestehen muss: Es ist unwahrscheinlich, das Anton Stadler oder Richard Mühlfeld auch nur annähernd so gut Klarinette geblasen haben wie Matthias Schorn das auf dieser Platte tut. Dennoch sind sie als Musen von Mozarts und Brahms eben in die Musikgeschichte eingegangen. Ob das auch Matthias Schorn als Muse Balduin Sulzers gelingt?

Genug der Nebensächlichkeiten. Wie klingen die Aufnahmen der Platte? Die ersten Akkorde der Streicher strömen in moderatem Tempo, Matthias Schorn steigt mit sehr sanftem Ton ein. Manche Interpreten gestalten den ersten Satz aus Mozarts Klarinettenquintett meditativer, manche Klarinettisten färben dunkler, doch organischer klingt Mozarts feines Gewebe aus Streicher- und Klarinettenklang selten. Sehr ausgewogen wirken schon die einzelnen Stimmen des Minetti Quartetts, Matthias Schorn fügt sich mit seiner weichen Artikulation gut ein. Einen scharf angestoßenen Ton gibt es auf der ganzen Platte nicht einmal, Schorns Ton ist von großer Klarheit. Erfreulicherweise ist die Interpretation technisch sehr gut aufgenommen, so dass eine der angenehmsten Einspielungen entstehen konnte.

Der zweite Satz ist in der Neueinspielung vom Juni und Juli des letzten Jahres eher rasch, allerdings keinesfalls übertrieben. Die Streicher spinnen hier eine äußerst zarte Begleitung, über der sich die Melodie der Klarinette und auch der ersten Violine ganz locker entfalten kann. Ausdruck wird hier durch große Schlichtheit erreicht; so halten die Streicher etwa ihr Vibrato sehr gering. Im Menuett beschreiten die Interpreten einen Mittelweg zwischen zu rustikal und zu klassisch, der lockere, von der Behäbigkeit einiger älterer Aufnahmen weit entfernte letzte Satz wird von Matthias Schorn hier und da dezent mit kleinen Trillern verziert.

Auch Brahms‘ Quintett gehen die Interpreten nicht zu ruhig-meditativ an, doch in einem äußerst entspannten Duktus, der jegliche Dramatik außen vor lässt. Das könnte man den Interpreten vorwerfen: zu geringe Spannung, besonders im zweiten Satz mit seinem virtuos-expressiven Klarinettensolo – oder eben nur potentiell expressiv, denn hier wirkt er langsam, verhalten und gar nicht virtuos. Die Musik gibt es her, aber auch andere Ansätze wären ebenso denkbar. Der hier gewählte Zugang ist eben durch und durch lyrisch. Dichtes Legato geht über Deutlichkeit der Artikulation und klare Kontur. Im letzten Satz allerdings, immerhin mit ‚con moto‘ überschrieben, machen es sich die fünf Musiker wirklich etwas zu behaglich. Nicht mehr einfach lyrisch, eher schon lahm und behäbig wirken Tempo und Artikulation. Klanglich wirkt das Ensemble auch in diesem Werk sehr positiv.

Von ganz anderem Charakter ist die 2012 entstandene sechsminütige ‚Invention‘ von Balduin Sulzer, die mit spröden Farben und schroff abgesetzten Klängen arbeitet und damit zu den Stimmungsbereichen der beiden ‚großen‘ Werke dieser Platte nicht recht passen will.

Kieler Nachrichten (Mai 2013)

Die neue junge Mozart-Lust – Neue Garde: Schorn, Lisiecki, Lifits und Bezuidenhout begesitern mit ihren CD-Einspielungen

„Zu leicht für Kinder, zu schwer für Erwachsene“ fand der legendäre Pianist Artur Schnabel die Musik von Wolfgang Amadeus Mozart. Während sich auch ganz große Interpreten oft kaum an das Salzburger Genie heranwagen, sorgen jetzt mehrere hochbegabte für frische Impulse. Matthias Schorn ist schon von der Papierform her ein Glücksfall als Mozart-Spieler: in Salzburg geboren, seit 2007 Solo-Klarinettist der Wiener Philharmoniker und mit seinem Weltmusik-Ensemble Faltenradio auch noch heimatlichen Klängen ohne Vorbehalte herzlich muskantisch zugeneigt. Bildet man sich nur ein, das alles auch sofort beglückend mitschwingen zu hören, wenn er auf seiner neuen, mit dem Minetti Quartett bei AVI-Music Köln produzierten CD das wunderbare Klarinettenquintett A-Dur KV 581 spielt? Das klingt wie neu, fas wie improvisiert. Und es jongliert doch sensible kund kunstvoll mit wechselnden Bezügen zur Moderne (einem Auftragswerk für Balduin Sulzer) und zum Wal-Wiener Johannes Brahms, der in seinem eigenen Klarinettenquintett h-moll op. 115 voller Ehrfurcht auf Mozart Bezug nahm. Solch neue junge Mozart-Lust zeigt sich inzwischen wieder häufiger, könnte man angesichts einiger jüngerer Veröffentlichungen meinen.

Osnabrücker Zeitung (2. 5. 2013)

Mozart angenehm schlicht

Die Klarinettenquintette von Johannes Brahms und Wolfgang Amadeus Mozart zählen zu den Rennern der Kammermusik. Nun liegen beide Werke in neuen Aufnahmen mit dem Minetti Quartett und dem Klarinettisten Matthias Schom vor.

Im Finale ihrer Aufnahme des Klarinettenquintetts von Johannes Brahms machen es sich Matthias Schorn und das Minetti Quartett gemütlich. Immerhin „con moto“, also mit Bewegung, steht über dem Satz, doch Tempo und Artikulation wirken fast lahm und behäbig. Zu geringe Spannung scheint auch im zweiten Satz zu herrschen mit seinem virtuos-expressiven Klarinettensolo, das hier langsam, verhalten und gar nicht virtuos wirkt. Doch die Musik lässt auch diesen Ansatz zu, der eben durch und durch lyrisch ist. Dichtes Legato geht über Deutlichkeit der Artikulation und klare Kontur. Klanglich allerdings wirkt das Ensemble sehr positiv.

Erst recht bei Mozarts Klarinettenquintett. Organischer klingt das feine Gewebe aus Streicher- und Klarinettenklang selten. Sehr ausgewogen wirken die Stimmen des Minetti Quartetts, und Matthias Schorn fügt sich mit seiner weichen Artikulation gut ein. Einen scharf angestoßenen Ton gibt es auf der ganzen Platte nicht, und Schorns Ton ist von großer Klarheit. Die Streicher spinnen eine zarte Begleitung, über der sich die Klarinette locker entfalten kann. Ausdruck wird durch große Schlichtheit erreicht, so halten die Streicher ihr Vibrato sehr gering. Das Finale ist locker-flockig und von der Behäbigkeit manch älterer Aufnahme weit entfernt. Zusammen mit der hervorragenden Klangqualität ist eine der angenehmsten Einspielungen von Mozarts Quintett entstanden.

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